Wer heute qualifizierte Mitarbeitende finden will, braucht mehr als eine gut formulierte Stellenanzeige. Besonders in anspruchsvollen, dynamischen Arbeitsfeldern zählt nicht nur fachliche Qualifikation – es geht um Haltung, Selbstverantwortung und die Bereitschaft, mitzugestalten. Lebensläufe sind wichtig, aber sie sagen wenig über das Potenzial, sich einzubringen. Oft übersehen Unternehmen Talente, weil sie stur auf formale Kriterien achten. Dabei entscheidet in komplexen Aufgabenbereichen wie der Projektentwicklung eher die Denkweise als die Note im Abschlusszeugnis. Die Fähigkeit, in Systemen zu denken, Verantwortung zu übernehmen und sich mit Zielen zu identifizieren, ist schwer messbar – aber entscheidend. Wer auf Mitgestaltung setzt, muss auch zulassen, dass neue Perspektiven ins Unternehmen kommen. Das braucht Mut, klare Strukturen – und eine Unternehmenskultur, die echtes Engagement nicht nur fordert, sondern fördert.
Fachkräfte suchen Sinn, nicht nur Sicherheit
Der Arbeitsmarkt hat sich verändert. Während früher der sichere Arbeitsplatz mit klaren Strukturen lockte, geht es heute vielen Fachkräften um Sinn, Einfluss und Entwicklung. Besonders jüngere Generationen stellen gezielte Fragen: Was bewirkt meine Arbeit? Wie offen ist das Unternehmen für neue Ideen? Gibt es Raum für Initiative? Wer diese Fragen nicht beantworten kann, verliert gute Leute an die Konkurrenz – oder bekommt sie gar nicht erst. Klassisches Employer Branding reicht nicht mehr. Es geht um authentische Einblicke, um echte Gesprächsangebote und eine Kommunikation auf Augenhöhe. Kandidaten wollen heute nicht nur wissen, was das Unternehmen von ihnen erwartet – sie wollen erfahren, was es ihnen ermöglicht. Arbeitgeber müssen darauf reagieren, ohne beliebig zu werden. Gefragt sind klare Visionen, offene Strukturen und ein Umfeld, das Mitarbeitende als Mitdenkende sieht, nicht nur als Ausführende.
Den richtigen Blick auf Potenzial entwickeln
Nicht jeder, der auf dem Papier perfekt erscheint, ist im Arbeitsalltag auch der beste Fit. Genauso gibt es Menschen, die in Bewerbungssituationen nicht glänzen, im Projekt aber außergewöhnlich mitdenken und handeln. Deshalb braucht es im Recruiting Raum für echtes Kennenlernen. Fragen nach Motivation, Haltung und Arbeitsweise gehören ins Zentrum des Gesprächs – nicht nur Bulletpoints aus dem Lebenslauf. Auch das Setting zählt: Wer nur standardisierte Online-Interviews führt, bekommt standardisierte Eindrücke. Persönliche Gespräche vor Ort, kleine Fallbeispiele oder Hospitationstage geben beiden Seiten ein realistischeres Bild. Potenzial zeigt sich oft zwischen den Zeilen: in der Reaktion auf ungewohnte Fragen, in der Art, wie mit Unsicherheiten umgegangen wird, im Interesse am großen Ganzen. Der Aufwand für solche Formate lohnt sich – gerade wenn man Menschen sucht, die gestalten wollen und können.
Checkliste: So finden Unternehmen Gestalter mit Haltung
Maßnahme | Nutzen |
---|---|
Klarer Purpose statt nur Aufgabenbeschreibung | Weckt echtes Interesse und Sinnorientierung |
Recruiting auf Gespräch statt nur Auswahl ausrichten | Ermöglicht tieferes Verständnis für Haltung und Denkweise |
Interdisziplinäre Teams einbeziehen | Bewertet Kandidaten aus verschiedenen Blickwinkeln |
Arbeitsproben oder kleine Cases anbieten | Zeigt, wie praxisnah jemand denkt |
Auf Fragen vorbereiten – aber Raum für Offenheit lassen | Fördert Authentizität im Gespräch |
Perspektiven aufzeigen, nicht nur Anforderungen betonen | Stärkt Bindung schon vor dem Einstieg |
Kultur vermitteln, nicht nur Position | Macht Werte und Arbeitsweise greifbar |
Vielfalt im Lebenslauf wertschätzen | Eröffnet neue Denkweisen für komplexe Aufgaben |
Rückmeldungen geben – auch bei Absagen | Zeigt Haltung und Professionalität |
Onboarding als Entwicklungsprozess verstehen | Bindet motivierte Kräfte langfristig ein |
Wo Unternehmen passende Mitgestalter finden
Aus der Praxis: Interview mit Andrea Nowak
Andrea Nowak ist HR Business Partnerin bei einem auf Infrastrukturprojekte spezialisierten Unternehmen mit Fokus auf erneuerbare Energien.
Worauf achten Sie besonders, wenn Sie neue Talente suchen?
„Wir suchen nicht nur Wissen, sondern die Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen und eigenständig weiterzudenken. Wer einfach nur abarbeitet, wird in langfristigen Projekten nicht glücklich.“
Wie erkennen Sie Gestaltungswillen im Bewerbungsprozess?
„An der Art der Fragen. Wer nachfragt, Zusammenhänge sehen will und auch mal kritisch wird, zeigt echtes Interesse. Das ist uns viel wichtiger als perfekte Antworten.“
Was ist aus Ihrer Sicht heute wichtiger: Erfahrung oder Haltung?
„Haltung. Erfahrung kann man aufbauen, Haltung nicht. Wer offen, lösungsorientiert und verantwortungsbewusst ist, wächst schnell in komplexe Aufgaben hinein.“
Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur bei der Mitarbeitersuche?
„Eine zentrale. Wir kommunizieren früh, wie wir arbeiten – sehr kooperativ, auf Augenhöhe, aber mit klarem Anspruch. Wer das nicht mitträgt, passt nicht, auch wenn fachlich alles stimmt.“
Wie sieht für Sie ein modernes Onboarding aus?
„Es beginnt nicht erst am ersten Arbeitstag. Schon vorab geben wir Einblicke, vernetzen neue Leute intern und setzen auf Mentoring. Damit neue Kräfte nicht nur mitlaufen, sondern mitgestalten.“
Welche Herausforderungen sehen Sie im Recruiting aktuell?
„Der Markt ist sehr eng. Umso wichtiger ist es, authentisch zu bleiben. Wer sich verstellt oder zu viel verspricht, verliert schnell Vertrauen – intern wie extern.“
Herzlichen Dank für die spannenden Perspektiven.
Zukunft braucht Menschen mit Ideen
In einem Arbeitsmarkt voller Optionen reicht es nicht mehr, nur zu suchen. Unternehmen müssen sichtbar machen, was sie Menschen ermöglichen. Wer Mitgestaltung will, muss Verantwortung abgeben, Ideen zulassen und Strukturen flexibel halten. Das bedeutet nicht Beliebigkeit, sondern Vertrauen in gute Prozesse. Gerade dort, wo Projekte langfristig und komplex sind, braucht es Menschen, die nicht nur Aufgaben erfüllen, sondern aktiv mitdenken – von Anfang an. Unternehmen, die das erkennen, schaffen mehr als nur Arbeitsplätze: Sie schaffen Räume, in denen Ideen wachsen. Und genau darin liegt die eigentliche Stärke erfolgreicher Teams.
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